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Worte an die Leser

Glaubten einige von uns bisher, nur mehr oder minder minder gesetzestreue Hacker, die sich mit Verschlüsselungs- und Sicherheitstechnologie beschäftigen sind in der Gefahr, unter unklaren Umständen zu verunglücken, so ist das spätestens seit Anfang Mai vorbei. Der Referatsleiter des Bundeswirtschaftsministeriums, der den in dieser Ausgabe dokumentierten Kabinettsbeschluß zu den Eckpunkten der deutschen Kryptopolitik verfasst hat, fiel aus bislang ungeklärten Gründen noch in der Nacht nach Versand des Dokuments an das Innenministerium aus dem Fenster seiner im dritten Stock gelegenen Wohnung - und überlebte, schwerverletzt. Noch im Dezember hatte er auf dem Chaos Communication Congress über die aktuelle Frontlage des Kryptowars und den Wassenaarverhandlungen berichtet. Natürlich wird es sich alles tragischer aber zufälliger Unfall entpuppen.

Trotzdem verbleibt ein bitterer Nachgeschmack angesichts der offen liegenden Zusammenhänge, in denen man sich beim Einsatz für freie Verschlüsselung nicht nur beliebt macht. Dokumentieren können wir immerhin den zwischenzeitlich verabschiedeten Eckpunktekatalog; ein anderes Projekt des verunglückten ist derweil ins Stocken gekommen. So gibt es bisher nicht verifizierte Hinweise, daß es die oft genannte deutsche Kryptoindustrie gar nicht mehr gibt; die Firmen mit Sitz in Deutschland von Ausländischen Interessenten erworben wurden. Dezentrale Recherchen angenehm. Sinn würde es machen: Die amerikanische Gesetzeslage z.B. gilt ja auch für Firmen in amerikanischem Besitz.
Apropos Amerika: Unsere Werte Justizministerin bekam jüngst Post aus Amerika. Sie hat zwar von dem Thema keine Ahnung, wurde aber trotzdem von einer entsprechenden Stelle gebeten, dafür zu sorgen daß keine harten Kryptoprodukte unter dem Wassenaar-Begriff "public domain" fallen. Andere nennen es deutsch-amerikanische Freundschaft.

Auf dem Camp (6.-8. August, www.ccc.de/camp) werden wir daher hoffentlich nicht nur viel Spaß am Gerät haben; viele internationale Gruppen wie z.B. die Cypherpunks haben sich angekündigt um mit uns die Lage zu verbessern. Auch im Reengineering-Bereich gibt's einiges zu untersuchen; bringt mal mit, was es noch zu untersuchen gilt.

Zum Thema Untersuchen haben wir in dieser Ausgabe eine Einführung in die Befreiung von Bits aus Chipkarten; ob das Hacken oder Förderung der Sicherheitsindustrie ist, sollten wir angesichts des derzeitgen Umfelds mal im Detail auf dem Camp diskutieren. Bis dahin viel Spaß beim Sachenpacken...

andy@ccc.de

 

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